Gesamtschulregion als erstem Schritt zu einer gemeinsamen Schule

7. Jänner 2013

 

Sehr geehrte Frau Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek,

 

Glück auf für Ihre Arbeit im Bildungsressort, für soziale und demokratische Schul- und Unterrichts-Reformen auf den ungesicherten Baustellen:

  • Bundeskompetenz für alle Schulen/PädagogInnen und Umsetzungskompetenz für Schulen bzw. Schulverbunde,
  • Schulorganisation (Gesamtschule bis zum Pflichtschulabschluss, Sekundarstufe II mit berufsbildspezifischen Kooperationsmöglichkeiten BS-BMHS und Gymnasium NEU)
  • Reparatur der Dienstrechtsnovelle Pädagogischer Dienst im Rahmen der Reform des Dienstrechts aller öffentlich Bediensteten: Ein Aufgaben und Zeitaufwand besoldungsrelevant definierendes und demokratisches LehrerInnendienstrecht (Jahresarbeitszeit, die an den Schulen über Diensteinteilung auf die am Standort notwendigen Aufgaben abgestimmt wird, und Stärkung der Mitwirkungsrechte des Schulpersonals (individuelle und kollektive Personalvertretungs-Rechte) und der Schulpartnerinnen bei der Umsetzung des Bildungsauftrages. Ein modernes Dienstrecht, das Wertschätzung der pädagogischen Tätigkeiten und der dazu notwendigen vollakademischen Ausbildung durch den Dienstgeber dokumentiert wäre eine solide Grundlage für Motivation und Engagement der vielen LehrerInnen, die vom Reformverhindern der ÖVP-FCG-LehrerInnengewerkschaftsfunktionären genug haben, aber aus Angst vor weiteren „Reform“-Sparpaketen und wegen der laufenden Verdichtung der Arbeit an den Schulen die Anti-Reformpolitik insbesondere der ÖVP-AHS-Gewerkschafter nicht in Frage stellen.

 

Zur Idee einer Gesamtschulregion als erstem Schritt zu einer gemeinsamen Schule:

 

In Finnland wurde die Gemeinschaftsschule erst im dünn besiedelten Norden realisiert (allerdings mit dem politisch von allen Parteien getragenen Gesamtplan der schrittweisen Ausweitung bis in die Ballungsräume im Süden und Südwesten, wo es zu diesem Zeitpunkt noch starken Widerstand von GymnasiallehrerInnen gab).

 

In Österreich bietet sich im Westen Vorarlberg als Musterregion an:

  • Die Bevölkerungszahl und die Zahl der Schulen ist überschaubar
  • Die Lehrerinnen sind, verglichen mit allen anderen Bundesländern, über Schultypengrenzen hinweg gut vernetzt und in Zusammenarbeit mit Eltern bildungspolitisch offen für eine Gesamtschulreform, die FCG-ÖVP hat auf Landesebene in den Personalvertretungen Minderheitenstatus. Im Bereich der AHS hat bei den PV-Wahlen die für die Gesamtschule aktive Vorarlberger LehrerInneninitiative gegen eine intensive proGymnasiums-Kampagne der FCG die absolute Mehrheit behauptet, die BMHS-LehrerInnen haben mit Zweidrittelmehrheit die VLI gewählt (gewerkschaftlich sind beide in der Unabhängigen Bildungsgewerkschaft UBG oder in der UGÖD organisiert), im APS-Bereich gibt es eine ÖVP-unabhängige Mehrheit, die mit der VLI kooperiert.
  • Die Aufteilung der Kinder in HS/NMS und AHS-Unterstufe bereitet immer mehr Eltern Probleme, weil sie für ihre Kinder bzw. für jüngere Geschwister oft keinen AHS-Platz bekommen, weil die AHS bereits überfüllt sind (ähnlich ist die Situation in Tirol, die wahltaktische Tiroler ÖVP-Sympathie für eine Gesamtschule irritiert die FCG-AHS, aber immer weniger bildungsbürgerliche ÖVP-WählerInnen). Die NMS anstelle der HS löst das Problem nicht.
  • Eine Gesamtschulregion Vorarlberg könnte für die Zeit des Modellregion-Versuches unter Kompetenz des BMUKK (direkte Bezahlung der LehrerInnen) laufen, die Entscheidung über Personaleinsatz/Diensteinteilung könnte probeweise der Schule/bei kleinen NMS/AHS-Standorten deren Schulverbund übertragen werden („Autonomie“)
  • SCHOG-, Dienstrechts- und PVG-Novellen zur Ermöglichung des Gesamtschulregion-Versuches
  • Direkte Vor-Gespräche mit den Landes-PersonalvertreterInnen (FA  AHS, FA BMHS, ZA APS), die von der FCG-ÖVP-Mehrheiten in der GÖD unabhängig sind und die GÖD-Reformblockadepolitik ablehnen. BMHS hat zwar keine Unterstufe, ist aber über den verschränkten NMS-Personaleinsatz mit betroffen.
  • Kontaktaufnahme mit der Vorarlberger Elterninitiative für eine gemeinsame Schule (letzte gemeinsame Großveranstaltung waren im November 2013 dem Schwerpunkt Finnische Schule gewidmet, Vorträge, ORF-Vorarlberg, Workshops mit Lehrerinnen...)
  • Politische Gespräche mit Landeshauptmann + Landtagsparteien incl. Neos, die alle pro Gesamtschule sind und, vermutlich mit Ausnahme der ÖVP, auch für die Bundeszuständigkeit über die Gesamtschulregion (VS und BS blieben dabei weiter beim Land bzw. bei Land+Landesinnungen;).
  • Sondierungsgespräche mit Grünen/Walser, Neos/Strolz und SPÖ/Rudas+Mayr/SPÖ-Vorarlberg, aber auch ÖVP-Gesamtschulbefürwortern könnten im Vorfeld der Vorarlberger Landtagswahlen positive Wirkungen auslösen, partei-interne + öffentliche Debatten, an denen sich die Sozialpartner ÖGB/AK(AK-Wahlen), IV + BWK beteiligen würden (vgl. Bad Ischler Beschlüsse, ÖGB-Bildungsforderungen)

 

Mit freundlichen Grüßen,

Reinhart Sellner

 

Als Anhang der Versuch einer Bilanz der SPÖ-Bildungspolitik unter Gusenbauer und Faymann, der mir beim Nachdenken über die Pressemeldungen zur Gesamtschulregion West geholfen hat.

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